„Eine Progressive Metal Oper von MELANIE MAU & MARTIN SCHNELLA ...basierend auf einer Geschichte von Christian Dolle.“ (Untertitel zu FLAMING ROWs „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“)

FLAMING ROW sind auf der symphonischen (Studio-)Bühne des progressiven Rocks der Meisterklasse mit metallischer Schlagseite zurück – und ja, unter dem ganz großen Prog-Metal-Kino mit einem spannenden, weit in die Welt der Fantasie hineinreichenden Konzept machen sie es auch dieses Mal nicht.

„Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ wird mit einem Glockenschlag eröffnet und endet sinnbildlich als ein echter Paukenschlag, selbst wenn uns zarte Harfenklänge aus dem Album verabschieden. Dazwischen liegt von akustischer Schönheit über metallische Härte und szenischen Gesang alles, was das Herz eines Prog-Freigeistes begehren kann.
Auf dem bereits vierten FLAMING ROW-Album sprudeln textliche wie musikalische Ideen nur so über und verfrachten den Hörer dabei von einem Hoch ins nächste Tief, von einem akustischen Moment in den nächsten hart und unerbittlich drauflosrockenden, von tiefschwarze in himmelblaue Klangwelten, die mal hell leuchten und – sowie man ein Gefühl von Sicherheit und Harmonie durch die vielen ruhigen, akustischen Passagen) spürt – tief in den metallisch-heißen Höllenschlund reißen.

FLAMING ROW gehen es sogar noch ein Stück verrückter an!
Gleich zwei CDs, die uns beweisen, dass der Progressive Rock und Metal bei gleicher Story bestens in englischer (CD 1 – Keeper Of The Scriptures) wie in deutscher (CD 2 – Hüterin der Schriften) Sprache funktioniert. Geschickt räumen sie damit ein Vorurteil ab, das sich noch immer unumstößlich zu halten scheint, indem es behauptet, der 'echte' Progrock funktioniert im Grunde nur in englischer Sprache, weil eben die Texte nebensächlich sind und 'nur' die Musik zählt.
Mit einem „Stimmt nicht!“ und den beiden CDs sowie einer bewusst dafür von einem Schriftsteller (Christian Dolle) konzipierten Geschichte lächeln uns FLAMING ROW mit „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ offen ins Gesicht, öffnen dabei weit unsere Ohren und den deutsch/englischsprachigen Geist.

Auch legen sie mit ihrem Untertitel im Inneren des mal wieder großartig gestalteten vierflügeligen Digipak (plus 20-seitigem Booklet) eine Musikschublade fest, die viele komplex ausgerichtete Prog-Rock-Freunde spätestens seit AYREON und die Buch-Trilogie von SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR (Und ja, die beiden Köpfe hinter den hier genannten Bands – Arjen Lucassen und Marek Arnold – wirken neben insgesamt 33!!! Musikern ebenfalls auf „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ mit!), von Herzen lieben: „Eine Progressive Metal Oper von MELANIE MAU & MARTIN SCHNELLA ...basierend auf einer Geschichte von CHRISTIAN DOLLE“.

Eine Art tolkiensche, allerdings hier sehr weiblich geprägte, Fantasy-Geschichte, in der wir tief in Gandhara, der Hauptstadt des Landes Mithila, eintauchen. Hier leben die beiden Heldinnen Nita und Meera (Anscheinend gibt es in der Geschichte noch eine gehörige Portion Feminismus inklusive, denn die Heldinnen sind gut, das Böse lauert hinter den männlichen Figuren...) friedlich und glücklich, bis eine unbekannte, offensichtlich zerstörerische Bedrohung über das Königreich hereinbricht.
Meera, die Knallharte, ist nunmehr gezwungen, als Beschützerin von Gandhara in die Schlacht zu ziehen.
Nita, die Feingeistige, ist die Hüterin der Schriften. Ihre Aufgabe ist es, das Wissen, die Kultur und die Erinnerungen aller Menschen hinter den gesammelten Schriften zu bewahren und schützen, damit auch zukünftige Generationen ihr Leben daran orientieren und aufbauen können. Gelingt diese Aufgabe nicht, dann werden unschätzbare und unersetzliche Werte für alle Zeiten auf Gandhara zerstört und das Königreich im Grunde dem Untergang geweiht sein.
So muss es zum letzten Kampf kommen! Das große metallisch treibende Finale des Albums und ein hervorragender Song, dieser „The Last Stand“.

Übrigens gibt es im Netz mehrere ellenlange Reviews zu diesem spannenden Album, das mit so viel Herzblut und Perfektionismus, aber auch Pathos und Leidenschaft eingespielt wurde, dass hier nicht noch ein weiteres Review-Monster dazukommen möge. Irgendwann hört man ansonsten mit dem Lesen auf. Denn die Musik spricht in all ihrer Schönheit und Aggressivität tatsächlich für sich.
Garantiert wird man bei „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ nicht mit dem Hören aufhören, weil einen der Abwechslungsreichtum dieser 'Prog Metal Oper', die unterschiedlichen Sänger und Sängerinnen, die verschiedenartigsten Soli an den Instrumenten von akustischen bis E-Gitarren und Saxophonen, Streichinstrumenten oder Harfen und all die stilistischen Hakenschläge nicht loslassen.
Darum beim ersten Hördurchgang unbedingt pro CD knapp 80 Minuten einplanen und entweder erst die englische und dann die deutsche (oder umgekehrt) Version in einem Rutsch durchhören. So (und nur so) hinterlässt „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ schweren Eindruck. Auch hochklassige Kopfhörer wären bei diesem vollen Sound unbedingt empfehlenswert!

In gewisser Weise klingt „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ wie eine gelungene Fortsetzung des 14 Jahre zurückliegenden FLAMING ROW-Debüts „Elinoire“, allerdings mit einer anderen, aber ähnlich komplizierten Konzept-Thematik.
Auch in diesem Falle und einer sechsjährigen Pause seit dem letzten Album „The Pure Shine“ gilt, um es mit den weisen Worten unseres Kollegen König auszudrücken: „Ein exorbitantes Fest für die Ohren, das zudem exzellent klingt. Trotz der überbordenden Aktivitäten bleibt der Sound durchsichtig und verkommt nie zu Breipampe. Progressiver Rock für Schöngeister, die Folk wie einem gerüttelt Maß an Härte nicht abgeneigt sind.“ Ganz genau: Eine breit angelegte Progressive-Rock-Oper, die alle Ansprüche an das Genre nicht nur bestätigt und erfüllt, sondern manchmal sogar um Längen übertrifft.

FAZIT: Mal wieder setzen FLAMING ROW als reines Studio- und Herzens-Projekt auf ein monumentales Rundum-Prog-Metal-Fantasy-Paket, das angefangen von der Gestaltung über das feministisch geprägte, utopische Konzept bis hin natürlich zur Musik, die zurecht den Anspruch stellt, 'A Progressive Metal Opera' zu sein, noch dazu auf zwei CDs – die eine in englischer und die anderer in deutscher Sprache – mit vielen beeindruckenden Sängern und Sängerinnen, die solistisch oder im Rollenspiel und Satzgesang singend antreten, daherkommt. Erneut wird so auch auf dem bereits vierten FLAMING ROW-Konzept-Album das ewige Ringen zwischen Gut und Böse dargestellt, in deren Mittelpunkt zwei weibliche Helden (Nita und Meera) stehen. Von symphonischem Prog bis hin zum progressiven Metal im besten AYREON-Stil gibt es auf „Keeper Of The Scriptures / Hüterin Der Schriften“ all das zu hören, was die hervorragende Spielwiese hinter einem Rollenspiel-Prog-Opera-Album ausmacht. Ein weiteres schwer beeindruckendes Prog-Konzept-Album samt 20-seitigem Text-Booklet in englischer und deutscher Sprache sowie insgesamt 33 beteiligten Musikern, das mal wieder in bester FLAMING ROW-Manier seinesgleichen sucht.